1806 – 1882
Wenn!
Ach wenn wir wären, wie wir
sollten sein,
Die erde wäre wohl ein
Paradies,
Woraus kein Zornesengel uns
verstieß,
Und keiner machte sich und
andern Pein.
In stillem Frieden lebte Groß
und Klein,
Wo Jedem sein Geschick die
Stelle wieß,
Bis uns der Herr von hinnen
gehen hieß;
Und lächelnd schliefen wir im
Tode ein.
Was könnt’ uns dann der Himmel
noch verleih’n,
Als selig lebend ohne Alters
Pein
Ein ewig strebend heilig
Geistes Sein?
Zu glücklich Loos! Nur dann erst zu erreichen,
Liebt’ Jeder, wie sich selber,
Seinesgleichen,
Wie Gott uns liebet, sonder
Wank und Weichen.
Der Gießbach schwillt! Wild heben sich und senken
Die Wogen, übervoll von
Himmelsfluthen,
Er dampft und zischt, kocht wie
im Höllengluthen,
Die donnernd seinen Sturz zum
Abgrund lenken.
und Riesenblöcke von
Urfelsenbänken
Reißt er, die tausend Jahre
träge ruhten,
Wie ein Gigantenkampf will uns
gemuthen
Solch Götterschauspiel, über
Menschenschendenken.
Da nimmt im Thal ein weites
Bett ihn auf,
Und majestätisch ruhig wird
sein Lauf,
Stolz trägt er einen
Flottenwald von Masten
Mit aller Welten reichen
Segenslasten.
Den Jugendzauber kühner
Leidenschaft
Verklärt des Mannes maßvoll
reife Kraft.
Will sich mir wohl noch einmal
neues Leben
Vergang’ne Jugend noch einmal
erschließen?
Soll ich verlor’nes Glück noch
ein genießen,
In hohem Schwunge auf zum
Himmel streben?
Wie? oder ist dies schon das
Flügelheben
Der Seele, die der Erde will
entfliehen,
Abschüttelnd dieses Daseins
Last und Mühen,
Zum reinen Aether selig will
entschweben?
Was es auch sei! Frei will ich überlassen
Mein ganzes Selbst dem mächtig
holden Zuge,
Mich tragen lassen von dem
Wonnestrom.
Den Götteradler fühlt’ ich mich
erfassen,
Er führt mich aufwärts in erhab’nem
Fluge,
Im Geiste knie’ ich schon im
Himmelsdom.